ITsWeber Play: Warum ich meine eigene YouTube-Alternative hoste

von | Dez. 16, 2025

YouTube ist bequem. Zwei Klicks, Upload fertig, alles läuft. Und genau das ist auch der Punkt: Es läuft – aber eben nicht bei mir.
Je mehr ich in den letzten Jahren an eigenen Projekten gebaut und betrieben habe (Server, Container, Reverse Proxies, Smart-Home-Automationen, Monitoring – das ganze Programm), desto öfter kam derselbe Gedanke wieder hoch:

Warum sollte ich ausgerechnet Video-Inhalte komplett an eine fremde Plattform abgeben?

Ich wollte eine Lösung, die sich wie eine „echte“ Video-Plattform anfühlt – mit Kanälen, Playlists, Einbettung, Nutzerverwaltung – aber mit einem entscheidenden Unterschied: Ich bestimme Regeln, Struktur, Datenschutz und Verfügbarkeit.
Und ich wollte sie nicht nur „für mich“, sondern so, dass ich sie sinnvoll mit Freunden, Familie und auch im Verein nutzen kann: Videos teilen, Anleitungen bereitstellen, Mitschnitte oder Highlights veröffentlichen – ohne dass jeder dafür erst einen Account bei einem US-Konzern braucht oder man über Werbung/Empfehlungsalgorithmen stolpert.

So ist ITsWeber Play entstanden: meine PeerTube-Instanz unter play.itsweber.net (und auf www.itsweber.de direkt verlinkt).

ITsWeber Play Screenshot
IT´sWeber Play Screenshot

Was ist PeerTube eigentlich – und warum ist es anders?

PeerTube ist kein „YouTube-Klon“, der einfach nur dieselben Features nachbaut. PeerTube ist eine Open-Source Video-Plattform, die bewusst in Richtung Dezentralität entwickelt wurde – technisch und organisatorisch.

Die wichtigsten Punkte, die PeerTube besonders machen

1) Selbst hosten – echte Kontrolle
Du betreibst deine eigene Instanz. Das heißt: Inhalte, Nutzer, Rechte, Moderation, Branding und Policies liegen bei dir.

2) Föderation (Fediverse) über ActivityPub
PeerTube kann – wenn du möchtest – Teil des Fediverse sein. Das bedeutet: Instanzen können sich gegenseitig folgen, Inhalte „über Instanz-Grenzen hinweg“ sichtbar machen, und Nutzer aus anderen Systemen (z. B. Mastodon) können deinen Kanälen folgen.
Wichtig: Föderation ist kein Muss, sondern eine Option. Du kannst genauso gut „nur für dich/privat/verein“ hosten.

3) Einbettung & Integration ohne Fremd-Plattform-Gefühl
Videos lassen sich sauber in Blogartikel einbauen und wirken nicht wie „ein fremder Klotz“, der Tracking und Drittanbieter-Skripte nachlädt.

4) Effiziente Auslieferung (je nach Setup)
PeerTube kann zusätzlich zur klassischen Auslieferung Mechanismen nutzen, um Bandbreite sinnvoll zu verteilen (z. B. browserbasiertes P2P/WebTorrent – optional). Für kleine Instanzen kann das praktisch sein, für manche Szenarien will man es bewusst deaktivieren. Die Stärke ist: du kannst das steuern.


Meine Ziele mit ITsWeber Play

Das Projekt ist für mich nicht nur „weil’s geht“ (auch wenn genau das natürlich ein Teil davon ist 😉). Es hat ein paar sehr konkrete Ziele:

1) Zentrale Videothek für meine Projekte

Ich mache viel rund um IT/Smart-Home/Server. Manche Dinge sind als Text super, aber bei anderen ist Video einfach überlegen:
„So sieht’s aus“, „so klickst du dich durch“, „so verhält sich das System“.

2) Inhalte teilen – ohne Hürden für Familie & Freunde

Nicht jeder hat Lust, sich irgendwo einzuloggen oder Apps zu installieren. Ich wollte eine Plattform, wo ich sagen kann:
„Hier ist der Link – läuft.“
Und wenn ich will, kann ich Inhalte auch so einstellen, dass sie nicht öffentlich in der Weltgeschichte landen.

3) Nutzen für den Verein

Im Verein entstehen schnell Videothemen: kurze Rückblicke, Erklärvideos, Orga-Infos, Trainings/Anleitungen, kleine Highlights. PeerTube eignet sich super, weil man:

  • mehrere Kanäle sauber trennen kann (z. B. Verein / Technik / Familie)
  • Inhalte gezielt freigibt (öffentlich / nicht gelistet / intern/privat – je nach Policy)
  • Playlists für wiederkehrende Themen baut („Einsteiger“, „Orga“, „Events“)

4) Sauberer, wartbarer Betrieb

Ich wollte keine Bastellösung, die nach zwei Updates auseinanderfällt. Meine Priorität ist: stabil, nachvollziehbar, wartbar.


Der „Maschinenraum“: Mein Setup (Unraid, Docker, NPM & Co.)

ITsWeber Play läuft bei mir komplett containerisiert auf meinem Unraid-Server. Unraid ist für meinen Alltag ideal: Storage-Handling, Docker-Management, Backups – und ich kann Dienste sauber getrennt betreiben.

Tech-Stack (übersichtlich)

  • Host: Unraid
  • Container: Docker
  • PeerTube Image: chocobozzz/peertube:production-bookworm
  • Reverse Proxy: Nginx Proxy Manager (NPM) + Let’s Encrypt
  • Datenbank: PostgreSQL
  • Cache/Jobs: Redis
  • E-Mail: Postfix Relay
  • Domain/DNS: All-Inkl (Subdomain auf meinen Anschluss geroutet)

Warum genau diese Komponenten?

PeerTube ist nicht „nur ein Video-Ordner“. Es ist eine Plattform mit:

  • Accounts / Rollen / Rechte
  • Kanälen / Playlists / Kommentaren
  • Metadaten / Suche / Moderation
  • Hintergrundjobs (Transcoding, Thumbnails, Federation-Events)

Dafür braucht es:

  • PostgreSQL für strukturierte Daten (stabil, robust, Standard in dem Umfeld)
  • Redis für Caching/Queues/Background-Jobs, damit die Plattform nicht träge wird
  • einen sauberen Reverse Proxy für HTTPS und Routing
  • verlässliche E-Mail-Zustellung (spätestens bei Passwort-Reset/Benachrichtigungen)


Reverse Proxy: NPM als stabile „Frontdoor“

Ich betreibe mehrere Dienste, und ich will, dass sie alle gleich „sauber“ erreichbar sind: HTTPS, Zertifikate, Hostname-Trennung, klare Weiterleitungen. Das macht bei mir der Nginx Proxy Manager.

Vorteile im Alltag:

  • Let’s Encrypt Zertifikate werden komfortabel verwaltet
  • Host-basierte Weiterleitungen sind übersichtlich
  • Änderungen sind nachvollziehbar (und nicht irgendwo in einer riesigen Nginx-Config versteckt)

Gerade bei einer Video-Plattform ist das wichtig, weil du nicht willst, dass „irgendwas“ halb funktioniert: Uploads, Streams, Embeds – das muss zuverlässig über TLS laufen.


E-Mail: Postfix Relay – weil „wird schon gehen“ später weh tut

E-Mail ist einer dieser Punkte, die gerne unterschätzt werden. Solange nur du selbst Admin bist, merkst du es vielleicht nicht sofort. Aber spätestens wenn:

  • jemand einen Account bekommt,
  • ein Passwort zurücksetzen will,
  • oder Benachrichtigungen sauber raus sollen,

…brauchst du zuverlässige Zustellung.

Darum nutze ich ein Postfix Relay. Das entkoppelt PeerTube vom direkten Mailversand und macht das Thema Zustellung/Policies sauberer beherrschbar. Für mich ist das ganz klar „best practice“ bei selbst gehosteten Plattformen.


PeerTube in der Praxis: Möglichkeiten, die wirklich nützlich sind

PeerTube hat einige Features, die man erst schätzt, wenn man sie aktiv nutzt:

Kanäle & Struktur

Du kannst Inhalte sehr gut sortieren, z. B.:

  • ITsWeber: Projekte, Tutorials, Smart-Home
  • Verein: Rückblicke/Infos
  • Privat: Familie/Freunde (wenn gewünscht)

Dazu kommen Playlists, die für „Serien“ oder Themenpfade perfekt sind.

Datenschutz & Kontrolle

Du entscheidest:

  • ob Tracking-Dienste überhaupt eine Rolle spielen (und wie)
  • wie lange Logs aufbewahrt werden
  • ob du Föderation aktivierst oder bewusst „nur intern“ bleibst

Das ist keine „Anti-YouTube-Religion“, sondern einfach: Eigene Infrastruktur, eigene Regeln.

Föderation als Bonus (nicht als Pflicht)

Wenn man es aktiviert, kann PeerTube Reichweite und Entdeckung verbessern, weil andere Instanzen Inhalte sehen können. Wenn man es deaktiviert, ist es eher eine „Video-Plattform im eigenen Netz“ – was für Verein/Familie durchaus sinnvoll sein kann.

Einbettung auf der eigenen Website

Für mich einer der größten Vorteile:
Ich kann einen Blogartikel schreiben und das Video direkt aus ITsWeber Play einbetten – ohne dass der Besucher das Gefühl hat, er wird „in eine andere Welt“ geworfen.


Die Kehrseite: Nachteile und Dinge, die man ehrlich sagen muss

Selbst hosten ist nicht „kostenlos“, es ist ein Tauschgeschäft: du bekommst Kontrolle, aber du übernimmst Verantwortung.

Typische Nachteile / Herausforderungen

1) Bandbreite & Uploads
Video ist groß. Wenn mehrere Leute gleichzeitig schauen, steigt dein Traffic. Je nachdem, wie dein Anschluss aussieht, musst du realistisch planen.

2) Transcoding kostet CPU (und Zeit)
Je mehr Qualitätsstufen du anbietest, desto mehr muss dein Server rechnen. Das ist planbar, aber man sollte es nicht unterschätzen.

3) Speicher wächst schnell
Ein paar Videos gehen immer. Aber wenn du regelmäßig hochlädst, musst du Storage-Planung und Backups ernst nehmen.

4) Moderation / Rechte / Missbrauch
Sobald eine Plattform nicht nur „für dich“ ist, brauchst du Regeln. Das gilt besonders, wenn du öffentliche Registrierung oder Föderation aktivierst.

5) Komfort-Ökosystem ist kleiner als bei YouTube
YouTube hat Apps, TVs, Smart-Geräte-Integration, extremes Discovery. PeerTube kann viel – aber es ist nicht dieses „1 Milliarde Geräte sofort“.

Für mich ist das völlig okay, weil ich nicht versuche „YouTube zu ersetzen“, sondern eine eigene Videobasis zu bauen, die zu meinem Umfeld passt.


Design & Branding: So wird aus „PeerTube“ dein Projekt

Eine nackte Instanz wirkt schnell wie „Default-Installation“. Ich wollte, dass ITsWeber Play als Teil meines Auftritts wirkt.

Dinge, die optisch wirklich was bringen

  • Logo, Favicon, Banner sauber setzen
  • eine klare Instanz-Beschreibung („Worum geht’s hier?“)
  • Startseite so konfigurieren, dass sie nicht leer wirkt (z. B. Featured/Neu/Playlists)
  • passende Kategorien (nicht 300 Standard-Kategorien, die niemand braucht)

Themes & Custom Styling

PeerTube unterstützt Themes (und je nach Version/Setup auch weitere UI-Anpassungen). Damit kannst du:

  • Farben/Look stärker ans Branding anpassen
  • bestimmte UI-Elemente anders gewichten
  • die Plattform „eigener“ wirken lassen

Ich empfehle hier: erst „clean & wenig“ starten – und dann gezielt verfeinern. Zu viel Design-Spielerei am Anfang kostet Zeit, die man besser in Struktur/Workflows steckt.


Plugins: Was ich als „Must-Have“ sinnvoll finde

PeerTube hat ein Plugin-System. Was „Must-Have“ ist, hängt stark davon ab, ob du öffentlich hostest, wie viele Nutzer du hast und welche Features du willst. Aber es gibt Kategorien, die sich in der Praxis bewährt haben:

1) Auth / Login-Integration (wenn du mehr Nutzer hast)

Wenn du z. B. Login-Flows vereinfachen willst (SSO, externe Auth). Gerade für Verein/Team-Setups kann das Gold wert sein.

2) Moderation/Anti-Spam (wenn du öffentliche Interaktion zulässt)

Sobald Kommentare/Registrierung offen sind, willst du Schutzmechanismen. Das spart später Nerven.

3) Upload-/Workflow-Erweiterungen

Alles, was Uploads, Metadaten, automatische Sortierung oder wiederkehrende Workflows verbessert.

4) Player-/Embed-Verbesserungen

Wenn du viele Videos auf der Website einbettest, sind Player-Verbesserungen (UX, Kapitel/Infos/Verhalten) sehr hilfreich.


Roadmap: Was als Nächstes bei ITsWeber Play ansteht

ITsWeber Play ist live, aber so ein Projekt ist nie wirklich „fertig“. Was ich als nächste Schritte auf dem Zettel habe:

  • Inhalte/Kanäle sauber füllen (damit es nicht nach „leerer Instanz“ aussieht)
  • sinnvolle Playlists für Einsteiger/Serien
  • Policies für Verein/Familie definieren (wer darf was, wie wird geteilt)
  • Transcoding-Profile so einstellen, dass Qualität und Ressourcen passen
  • Backup-Strategie finalisieren (DB + Konfig + Video-Storage)

Fazit

ITsWeber Play ist für mich die perfekte Mischung aus:
Technik-Projekt, Kontrolle, echter Nutzen – und einer Plattform, die ich nicht nur selbst verwende, sondern auch sinnvoll mit Freunden, Familie und dem Verein teilen kann.

Wenn du dir das anschauen willst: play.itsweber.net
Und falls dich Details interessieren (NPM-Setup, Mail-Relay, Transcoding-Strategie, Föderation), schreib mir – daraus kann man super einzelne Deep-Dive-Artikel machen.

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